Pressetext
Liesinger Bürgerinitiative gegen den geplanten
Neubau/Erweiterung des Geriatriezentrums im Liesinger Schlosspark
Altenpflege – ob öffentlich oder privat – ist derzeit ein
brisantes politisches Thema.
Eine grundsätzliche
Neuorientierung des Pflegesystems nach zeitgemässen Gesichtspunkten ist
gefordert, denn 80 % der ÖsterreicherInnen werden von zu Hause aus gepflegt und
ziehen die private Athmosphäre in ihrer
vertrauten Umgebung der (oftmals) unpersönlichen und unzureichenden Betreuung
in Altenheimen und Geriatriezentren vor. Anstatt jedoch das Modell Mobile
Krankenpflege/Betreuung für die Zukunft zu forcieren und auszubauen, fließen nach wie vor 90% der Budgets in
Erhaltung und Neuerrrichtung von weiteren Pflegekasernen.
Initiative Liesinger
Bürger wehrt sich gegen ein überdimensioniertes Pflegeghetto
Als pars pro toto ist der geplante Neu- und Ausbau des
bereits bestehenden Geriatriezentrums Liesing im ehemaligen Schlosspark Liesing
zu nennen. Der KAV beabsichtigt ab 2007 ein fünfstöckiges Geriatriezentrum zu errichten und den derzeitigen
Bettenstand von 250 auf 336 stationäre
und 50 tagesstationäre Plätze zu erweitern – zu einem Zeitpunkt, da in vielen
Ländern kleine dezentrale Einheiten mit 80 bis 90 Betten geschaffen oder sogar
Rückbauten eingeleitet werden, um eine
menschenwürdige Betreuung zu gewährleisten..
Wieder soll eine
kleinere, in die Wohngemeinde integrierte Lösung durch ein Geriatrieghetto ersetzt
werden.
Wir, als überparteiliche Bürgerinitiative
zur Rettung des Liesinger Parks, sind mit unserer Kritik am geplanten Neubau,
der in keiner Weise modernen geriatrischen
Konzepten entspricht , nicht alleine. In der ORF-Sendung „Offen gesagt“ vom So,
den 3. September 2006 hat ein
Großteil der Gesprächsteilnehmer – allen voran Prof.
Bernd Marin und Dr. Werner Vogt – unsere berechtigten Zweifel und Einwände
bestätigt. Pflegeombudsmann Dr. Vogt,
der unsere Initiative vollinhaltlich
unterstützt, spricht im Zusammenhang mit
Liesing von einer weiteren „Altenkaserne“ (siehe Gastkommentar, Kurier,
Juli 2006) und verweist darin auch auf inländische Beispiele kleiner, überschaubarer
Pflegezentren, die durchaus wirtschaftlich zu führen sind (z.B.Linz).
Mehrere Mitglieder unserer Bürgerinitiative haben Erfahrung
im Pflegebereich und können ein Lied davon singen, inwieweit persönliche
Betreuung in riesigen Bettenburgen möglich ist. Mit der medialen Schönfärberei von attraktiven
2-Bett-Einheiten und speziellen Baulösungen für Demenzpatienten ist es nicht abgetan. Auch das Pflegepersonal muss entsprechend
aufgestockt werden, damit eine optimale Patientenbetreuung gewährleistet ist.
Doch gerade dabei wird in riesigen Altenkasernen gespart.
Zerstörung der
letzten Grünlunge im Liesinger Zentrum
Mit der Errichtung dieses völlig überdimensionierten
Projekts würde auch eine der letzten Grünzonen im Zentrum von Liesing zerstört.
Es handelt sich dabei um eine historisch gewachsene Parklandschaft, die lt. Baumkataster
des Stadtgartenamtes einen immensen Wert darstellt. Ausgerechnet in der Kernzone
des Parks (Nordrand) , in dem sich der größte Teil des Altbaumbestandes
befindet, soll nun der Neubau angesiedelt werden.
Würde man das neue, verkleinerte Geriatriezentrum
am alten Standort errichten, wäre eine äußerst zufriedenstellende Lösung für
die Anliegen der alten Menschen, der Anrainer und Umweltschützer möglich.
Etwa ein Drittel des Parks soll verbaut werden. Ein Gutteil der Baumriesen (z.T. mehr als 100 Jahre alt) müsste gefällt
werden; die in Aussicht gestellte Neubepflanzung an der Stelle des bisherigen
Geriatriezentrums kann die
ökologische Funktion der gewachsenen Parklandschaft nicht annähernd
ausgleichen.
Die geplante Umwidmung als „gärtnerisch auszugestaltende
Fläche“ entspricht in keiner Weise der Bedeutung des historischen Schlossparks und
seiner Funktion als stadtteilbezogene Grün- und Erholungsfläche. In Liesing wurde die Umwidmung im Rahmen der
Bezirkssitzung im Juni 2006 bereits beschlossen (mit den Stimmen der SPÖ, alle
anderen Fraktionen waren dagegen). Anfang Oktober soll die Umwidmung auch im
Gemeinderat Wien beschlossen werden.
Eine Öffnung des
Parks für die Allgemeinheit, die im übrigen schon längst erfolgen hätte können,
wird in Aussicht gestellt, macht in der derzeit geplanten Form jedoch wenig Sinn,
weil der riesige Neubau den Park zerstört und vom Zentrum (Perchtoldsdorfer Straße/Liesinger Platz) abtrennt.
Eine SUP/Strategische Umweltprüfung, die lt. EU Richtlinien
seit 21.7.2004 für Österreich verpflichtend
sein sollte und in der Wiener Bauordnung erst mit 14.8.2006 in Kraft getreten
ist, wurde nicht für notwendig erachtet. Diese würde die ökologischen
Gesamtauswirkungen auf den Teilbezirk sichtbar machen. In Deutschland beispielsweise
würde eine Versiegelung der Fläche in der geplanten Form in Relation zur
Gesamtgröße des Parks längst keine Zustimmung mehr finden. Oh, du mein
Österreich!
In amtsinternen Verfahren wurden Stellungsnahmen
verschiedener Umweltstellen eingeholt, die trotz mehrmaliger Anfragen der
Bürgerinitiative nicht vollständig oder erst sehr spät zur öffentlichen Auflage
kamen. Darin werden massive Bedenken insbesondere gegen den Standort des
geplanten Projekts geäußert. (u.a.
Umweltanwaltschaft, Stadtgartenamt, Landschaftsplanung). Die
Gegenargumente blieben jedoch bis dato ungehört.
Kritik an der Ausgliederung des
denkmalgeschützten Schloss Liesing aus der Nutzung als Teil des Geriatriezentrums
– Neubau von (Luxus?Wohnungen)
Anstatt das denkmalgeschützte Schloss Liesing einer
öffentlichen Nutzung zuzuführen, wie es von mehreren Parteien gefordert wurde, sollen vom Bauträger ARWAG Wohnungen , teils
mit Grünanteil errichtet werden.
Zusätzliche
Emissions- und Lärmbelastung – Verkehrsinfarkt droht
Aufgrund des Bauprojekts auf den Liesinger Brauerei-Gründen
und der geplanten Vergrößerung des Geriatriezentrums droht ein Verkehrsinfarkt.
Da die neu errichtete Parkgarage am Liesinger Platz von der Bevölkerung nicht
entsprechend angenommen wird, sind bereits jetzt keine Parkplätze entlang der
Nordseite des Liesinger Parks zu bekommen, da sich hier nicht nur das
Bezirksgericht/ Amtshaus befindet, sondern viele Pendler nach wie vor ihre Autos
abstellen. Der Bau einer Tiefgarage für
die Wohnungsinhaber im Schloss Liesing und die Besucher/Personal des
Geriatriezentrums würde die Situation nicht verbessern. Außerdem würde der
Verkehr über die neuen Zu- und
Ausfahrten in ein Wohngebiet umgeleitet, das von der Agenda 21 als
verkehrsberuhigte Zone angedacht war – nicht zuletzt weil insbesondere entlang
der Haeckelstraße der meistfrequentierte Fußweg verläuft. Vor allem der Schutz
der zahlreichen Kinder auf ihrem täglichen Schulweg wird völlig außer Acht
gelassen.
Das Verkehrs- und Parkgutachten für die Flächenumwidmung
spricht mit keiner Silbe von zusätzlicher Emissions- und Lärmbelastung, die
durch die Verlegung der Zu- und Ausfahrten in die Haeckelstr./Josef
Kutscha-Gasse für die Anrainer entstehen würde.
Die überparteiliche Bürgerinitiative Liesinger Bürger fordert daher:
- einen Neubau/Umbau des Pflegeheims Liesing am bisherigen Standort nach modernen geriatrischen Konzepten und kein überdimensioniertes Geriatrieghetto
-
die
Reduktion der Bettenzahl des geplanten Geriatriezentrums
auf 80-100 Pflegebetten und die Errichtung anderer, kleiner
Pflegeeinrichtungen in den Bezirken innerhalb des Gürtels, wo bis jetzt
keine Pflegeheime des KAV existieren
-
die Öffnung
und Erhaltung des Schlossparks sowie die Einbindung des Pflegeheims in ein
ganzheitliches, lebendiges Parknutzungskonzept (z.B. Spielplätze,Kindergarten,Musikschule)
-
die
Beibehaltung der bewährten Zu- und Ausfahrten
Vor der Absegnung des Umwidmungsverfahrens in der
Gemeinderatssitzung Wien , Ende September,
ruft die Überparteiliche Bürgerinitiative Liesing zu einer Presseinitiative auf.
Wir bitten Sie, verehrte JournalistInnen, um Unterstützung
unseres Bemühens, die Bevölkerung
umfassend über das Projekt zu informieren und Stimmen gegen den Bau des
Geriatriezentrums in der geplanten Form zu sammeln.
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liesingerpark@aon.at