Planungsmisere

Das Liesinger Pflegeheim wurde neu geplant, der Siegerentwurf in einer Ausstellung präsentiert: Im Liesinger Schlosspark soll ein neues, fünfgeschossiges Geriatriezentrum für 400 Betten entstehen. Das derzeitige, wegen seiner schlechten Standards verrufene Pflegeheim umfasst im Vergleich lediglich 250 Betten.



Für den geschlossenen Neubau wird der alte Park mit seinen teilweise über hundertjährigen Bäumen im Bereich der Haeckelstrasse zubetoniert. Das jetzige Verwaltungs- und Bettengebäude an der Perchtoldsdorferstraße wird als nutzlos abgerissen und soll Platz für eine Ersatzgrünfläche entlang der stark befahrenen Perchtoldsdorfer Straße schaffen. Wie eine Bepflanzung dort aussehen soll, ist noch unklar. Die Umwidmung des alten Parkteils soll im Eilverfahren erfolgen, Baubeginn soll im Frühling 2007 sein.



Das heutige Pflegeheim Liesing ist mit menschenfreundlichen Pflegekonzepten nicht vereinbar und von der Bausubstanz her nicht auf einen modernen Pflegebetrieb umzurüsten. Allerdings ist auch die Errichtung zentralisierter Großeinrichtungen nicht zeitgemäß. Moderne Pflegeansätze streben dezentrale, überschaubare Pflegeeinrichtungen an und forcieren ihre Integration in eine vielgestaltige Alltagsumgebung, beispielsweise die Nähe zu Kindergärten und belebten Plätzen.

Nicht in Liesing: Beim neuen Geriatriezentrum soll zwar der Rest-Park für die Allgemeinheit geöffnet werden, für die InsassInnen der geriatrischen Einrichtung sind aber Frischlufthöfe im Inneren des Gebäudes vorgesehen. Einem Planungsmisstand aus dem 19. Jahrhundert wird hier mit einem „neuen“ Ansatz aus den 1960er Jahren begegnet.



Bislang existiert kein Konzept, wie der Pflegebetrieb in die Öffentlichkeit des Parks integriert werden kann. Es ist zweifelhaft, ob die neu zu schaffende Grünfläche entlang einer stark befahrenen Straße jemals einem Erholungsanspruch gerecht werden wird. Pläne, wie das zu schaffen ist, sind bislang nicht aufgetaucht.

Der Planungsentwurf für das neue Geriatriezentrum zeigt ein monolithisches Rechteck, das den Rest des Ensembles (Schloss und Jugendstilhäuser in der Haeckelstrasse) durch seine zigfache Größe dominiert. Architektonisch sucht das Siegerprojekt mit seiner geschlossenen Betonfassade keinen Dialog mit der Umgebung.

Offenbar hat man aus pragmatischen Gründen die Seite des Parks gesucht, die vom alten Liesinger Schloss (bisher ein Teil des Pflegeheims, später privatisiert) möglichst weit entfernt ist, und diese Entscheidung mit „denkmalschützerischen“ Erwägungen begründet. De facto beträgt die Entfernung des fünfgeschossigen Gebäudes zum Schloss aber maximal 35 Meter, zu den Häusern in der Haeckelstrasse und Josef Kutschagasse hat man gerade einmal 10m „Grünstreifen“ eingeplant.



Der Grund für diese Planungsvorgaben dürfte allein in der Machbarkeit liegen: Der Liesinger Schlosspark steht im Eigentum der Gemeinde, die ihrerseits auch für die Umwidmung des Parks in Bauland zuständig ist. Öffentliche Mittel für den Bau von Pflegeprojekten sind derzeit relativ einfach zu lukrieren, da der Handlungsbedarf in Zeiten zunehmender Überalterung dramatisch ansteigt. In diesem Sinn ist die Förderbereitschaft des Bundes hoch. Widerstand von Seiten der Anrainer wurde im Arbeiterbezirk Liesing nicht erwartet, die Werbetrommel in der Bezirkspresse streicht die „Patientenfreundlichkeit“ im Vergleich zu der alten Anlage heraus, erwähnt aber weder auf die Zerstörung des Parks noch lässt sie ein wirkliches Konzept für dessen Nutzung erkennen.

Wir fragen uns dennoch, warum die alten Bäume des Parks einem Gebäudekomplex weichen sollen, der einzig wegen seiner geforderten Ausmaße an keiner besseren Stelle unterzubringen ist. Wir halten dieses Geriatrieprojekt aufgrund seiner Größe für unzeitgemäß.

Wir wünschen uns einen Neubau, der aufgrund einer bescheideneren Größe nicht den Altbaumbestand des Parks vernichtet und gleichzeitig auf eine wirkliche Integration in die Umgebung des Parks angelegt sein soll. Der alte Baumbestand im Schlosspark soll erhalten bleiben.

Wir begrüßen die Öffnung des Liesinger Schlossparks für die Allgemeinheit und fordern ein umfassendes Konzept, wie der Park tatsächlich zu einer Erholungsfläche umfunktioniert werden kann und zwar sowohl für jüngere Liesinger, als auch für die InsassInnen des Pflegeheims. Wir denken dabei vor allem an Kommunikationszentren, wie z.B. ein Kaffeehaus, einen Kinderspielplatz, Sitzmöglichkeiten...

Wir wollen kein Geriatrieghetto in Liesing, wenn dadurch in anderen Wiener Bezirken weiterhin ein akuter Mangel an dezentralen öffentlichen Pflegeplätzen bestehen bleibt.

Wir wollen keine einfachen Lösungen. Wir haben ein Recht auf eine gute Lösung!

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